Der „Women Changing the World Award“ würdigt besondere Leistungen und den Einfluss von Frauen weltweit. In den unterschiedlichsten Bereichen, wie Wirtschaft, Nachhaltigkeit, Gesundheit oder Erziehung wird der Einsatz von Frauen öffentlich sichtbar gemacht. Siphilisiwe Ndlovu, konnte bei der diesjährigen Verleihung in London den globalen Preis (Migrant Leadership Award - Bronze) für die von ihr gegründete Bildungsplattform „Training Women of Excellence“, kurz TWOE, gewinnen. Was der Award für sie bedeutet, wie ihre im Studium erworbenen Kompetenzen ihr heute noch helfen und was sie heutigen Studierenden rät, erzählt sie im Folgenden.

Women Changing the World Awards

Was bedeutet die Auszeichnung für Sie?

Die „Women Changing the World Awards“ sind ein globales Programm, das besondere Leistungen von Frauen in verschiedenen Bereichen anerkennt. Die Auszeichnungen würdigen die Leistungen von Frauen, unabhängig von ihrer Herkunft oder ethnischen Zugehörigkeit.

Was die Globale Migranten Leadership Auszeichnung angeht, ist das eine grundlegende Anerkennung der Fähigkeiten und Talente aller Menschen mit Migrationsgeschichte. Diese Menschen sind bis heute oft mit Herausforderungen und Hindernissen wie Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert und die Auszeichnung ist ein Zeichen dafür, dass sie ihre Kompetenzen weiterentwickeln und sich weiterhin für die positive Entwicklung der Gesellschaft einsetzen sollen. Die Auszeichnung ermutigt auch alle Menschen mit Migrationsgeschichte, ihre Führungsqualitäten zu entwickeln, ihre Träume zu verfolgen, Barrieren zu überwinden und ihre Ziele zu erreichen.
Für die wunderschönen Mädchen und Frauen, denen ich diese Auszeichnung widme, ist es eine besondere Ehre, sie zu repräsentieren und eine Anerkennung dafür, dass auch das kleine Mädchen oder der kleine Junge mit Migrationsgeschichte viel erreichen kann. An diese Kinder und Jugendlichen möchte ich sagen: Gib niemals auf! Deine Leistungen und Beiträge in der Gesellschaft sind wertvoll und du bist wertvoll. Bitte gib nie auf.


Was hat Sie dazu bewegt, TWOE zu gründen?


In einer globalen Gesellschaft, in der Milliarden von Menschen leben, empfinden viele trotz ständiger Online-Interaktion Einsamkeit. Die Welt verändert sich schnell und die Informationsflut betrifft viele Menschen, ob sie es wollen oder nicht. Es bricht mir aber das Herz zu sehen, wie fortschrittlich und digital unsere Welt geworden ist, aber dennoch Kinder und Jugendliche aufgrund von Einsamkeit oder fehlendem Lebenssinn Selbstmord begehen. Wie kann es sein, dass in einer Welt mit acht Milliarden Menschen niemand die Anzeichen rechtzeitig erkennt? Warum wird Bildung weltweit noch nicht als universelles Grundrecht für alle Menschen umgesetzt? Einige junge Menschen heiraten oder werden in jungen Jahren schwanger und stehen danach vor zahlreichen Hürden, die ihr Risiko erhöhen, die Bildung abzubrechen und von Armut, Gewalt und sozialer Ausgrenzung betroffen zu sein. Diese brillanten Individuen bilden eine Generation, die viel zu wenig Unterstützung erhält und kaum Aussicht auf eine vielversprechende Zukunft hat. Zudem haben sie nur begrenzten Zugang zu inspirierenden Vorbildern.

Als Mutter, Migrantin und Community-Leaderin betrachte ich es als meine persönliche Aufgabe, Jugendlichen Hoffnung zu schenken und ihnen zu zeigen, dass ihr Leben wertvoll ist. Ich engagiere mich ehrenamtlich bereits in sechs Ländern (Deutschland, Großbritannien, Polen, Swasiland, Simbabwe und Südafrika) im Rahmen der Bildungsplattform Training Women of Excellence (TWOE), die darauf abzielt, Mädchen und Frauen dabei zu unterstützen, einen Lebenssinn zu finden, Möglichkeiten zur Fortsetzung ihrer Bildung aufzuzeigen und diverse Chancen zu eröffnen. Dies dient als Alternative zu Suiziden, frühen Schwangerschaften und Heirat, welche stillschweigend übrigens auch in Europa ein Problem sind.

Als TWOE haben wir uns bemüht, Türen für Mädchen und Frauen zu öffnen – Mädchen, die aus verschiedenen Gründen die Schule abgebrochen haben, Mädchen, die vergewaltigt wurden, zwangsverheiratet wurden oder in frühen Lebensphasen schwanger wurden. Mädchen, die wissen müssen, dass sie nicht allein sind, dass Erfolg sehr wohl erreichbar ist und dass ihr Beitrag zur Entwicklung der Gemeinschaft von großer Bedeutung ist! Unsere Bildungsplattform zielt darauf ab, Bildungsmöglichkeiten für diese jungen Talente näherzubringen und sie zu ermutigen, ihre Träume zu leben und unzählige Glasdecken zu durchbrechen.


Welche Kompetenzen aus dem Studium helfen Ihnen bei ihrer Berufstätigkeit?


Als Mitarbeiterin eines großen Landesdachverbandes mit 56 Mitgliedervereinen in Hannover – Arbeitsgemeinschaft für Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge in Niedersachsen (amfn e. V.) – erfordert meine Arbeit in meinen verschiedenen Rollen ein breites Spektrum an Fähigkeiten und Kompetenzen. Als Vorstandsmitglied des Bundeselternnetzwerks der Migrantenorganisationen für Bildung und Teilhabe (bbt), Projektleiterin einer der fünf bbt-Regionalstellen, Koordinatorin der neun Regionalnetzwerke des MigrantenElternNetzwerks Niedersachsen (MEN) und als ehrenamtliche Girls Education Advocate hat mir mein BA- und MA-Studium in Sozialarbeit an der HAWK sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen vermittelt, einschließlich:

Interpersonelle Fähigkeiten: Da ich ständig mit verschiedenen Interessenvertreter*innen in Kontakt stehe, sind effektive Kommunikation, Empathie und Verständnis entscheidend. Als Führungskraft muss ich mich nicht nur in die Schuhe anderer Personen versetzen, sondern auch die Bedürfnisse und Perspektiven unterschiedlicher Gruppen (Jugendliche, Eltern, Vertreter*innen aus Bildung, Wissenschaft und Gemeinden) verstehen und eine produktive und respektvolle Kommunikation führen.

Während meines Studiums habe ich auch verschiedene Forschungsprojekte durchgeführt und organisatorische und planerische Fähigkeiten erworben. Projektplanung und -organisation sind wesentliche Bestandteile des Projektmanagements. Viele Projektmanagement-Tools und -Methoden aus dem Studium helfen mir Effizienz in meiner Arbeit sicherzustellen.

In meiner Arbeit werden auch regelmäßig komplexe Probleme identifiziert und schnell gelöst, und informierte Entscheidungen auf der Grundlage von Daten und Fakten getroffen. So sind die analytischen Fähigkeiten aus meinem Studium immer noch ein wertvolles Werkzeug für die erfolgreiche Umsetzung meiner Projekte.

Soziale Arbeit ist auch eng mit Advocacy und Activism verbunden. Ich habe gelernt, wie ich mich für soziale Gerechtigkeit einsetzen und Veränderungen in Gesellschaft und Politik bewirken kann. Diese Fähigkeiten helfen mir in meiner Arbeit als Koordinatorin vom MEN Nds. und als Gründerin von Training Women of Excellence, meine Arbeit zu unterstützen und nachhaltige Veränderungen in meiner Gesellschaft oder in der Welt zu fördern.

Was waren die größten Highlights in Ihrem Studium?

 Ich bin überwältigt von Dankbarkeit, wenn ich an meine Erfahrung an der HAWK denke. Die familienfreundliche Struktur und das vielfältige Unterstützungssystem für Studierende, insbesondere für internationale Studierende, haben das Studium einfacher und unvergesslicher gemacht. Ich erinnere mich noch lebhaft an meine erste Vorlesung in Recht bei Prof. Dr. Hudy und wie ich ihn bewundert und mir sogar vorgestellt habe, Anwältin zu werden.

Es gab auch eine Zeit, in der es für mich schwierig war, Arbeit, Studium und Familie unter einen Hut zu bringen, und ich überlegte, das Studium für eine Weile zu unterbrechen. Dank der Unterstützung von Prof. Dr. Siebrecht und Dr. Ebert, die sich zusammengeschlossen haben und mir einen persönlichen Studienplan erstellt haben, konnte ich mein Studium erfolgreich abschließen. Nur, weil ich damals nicht lästig empfunden werden wollte, hätte ich damals lieber eine Pause eingelegt.

Ich weiß noch als der Dozent Matthias Becker, der sich für mich Zeit nahm und wahrscheinlich alle seine Kaffeepausen und Freizeit damit verbracht hat, all meine Karriere- und forschungsbezogenen Fragen zu beantworten (und glauben Sie mir: Es gab viele!). Das waren Momente, in denen sich meine Leidenschaft für die Forschung kristallisiert hat.

Ein weiterer Moment, an den ich mich immer erinnern werde, war mein Abschlusskolloquium meiner Bachelorphase. Für mich war es mehr als nur eine Prüfung; es war ein entscheidender Faktor dafür, ob ich in Deutschland bleiben konnte oder nicht. Als ich die Nachricht erhielt, dass ich bestanden hatte, fühlte es sich an, als ob ein riesiges Gewicht von meinem Herzen genommen worden wäre, und es öffnete mir gleichzeitig unzählige Türen, um meine Bildung fortzusetzen.

 Welchen Rat geben Sie heutigen Studierenden?


Das ist keine leichte Frage, aber ich versuche mich kurzzufassen:

1. Nehmt bitte am Orientierungsseminar am Anfang des Semesters und den Mentor*inennseminaren während des ersten Semesters im Bachelor teil! Es mag offensichtlich klingen, aber für viele ist das nicht der Fall. In diesen Seminaren bekommt ihr einen besseren Überblick darüber, was auf euch zukommt, und lernt eure Begleitdozent*innen (Dozent*innen, die euch bei jeder Frage helfen können) kennen. Nutzt unbedingt die Angebote, die euch in diesen Seminaren vorstellt werden! Um das Studium erfolgreich zu absolvieren, braucht man wirklich eine Gemeinschaft, also fühlt euch niemals allein oder lästig.

2. Setzt euch realistische Ziele und bereitet einen Plan vor. Der Plan sollte unbedingt Zeitpuffer für ungeplante Momente haben (die haben wir ja alle). Die Ziele helfen euch auch motiviert zu bleiben. Falls sich etwas an eurem Plan ändert, ist das auch völlig okay! Setzt euch bitte nicht unter Druck und passt euren Plan einfach an.

3. Für schwierige Zeiten (Prüfungsstress, Suche nach Praktikumsplätzen usw.) solltet ihr ein Unterstützungsnetzwerk aufbauen. Das kann aus Freunden, Familie und MENTOR*INNEN bestehen!

4. Bleibt auch im Studium aktiv. Das bedeutet: Nehmt an Diskussionen teil, beteiligt euch an Gruppenprojekten und stellt unbedingt Fragen, wenn ihr etwas nicht versteht. So vertieft ihr euer Wissen und entwickelt euer kritisches Denken. Vergesst aber nicht, auf euren Körper zu hören. Nehmt die Pausen, die ihr braucht, und sorgt dafür, dass es ein Gleichgewicht zwischen Studium und Erholung gibt.

5. Schließlich empfehle ich euch, neue Module auszuprobieren, um eure Interessen und Perspektiven zu erweitern.

6. Jeder hat Herausforderungen und macht Fehler. Lasst euch deswegen nicht von Rückschlägen entmutigen. Ihr habt wirklich ein Netzwerk von Unterstützer*innen, die euch anfeuern, und TWOE und ich gehören definitiv dazu!